Mittwoch, 17. Juni 2009
Am Cariboo Highway
Hi allen treuen Lesern und auch denen, die neu dazu stossen!

Wir freuen uns zu sehen, dass immer mehr unser Blog besuchen. Das motiviert, um neue Berichte zu schreiben. Leider haben wir so unsere Problemchen mit dem Compi, weshalb es doch immer wieder zu längeren Unterbrüchen kommt. Und das mit den Fotos klappt auch noch nicht wirklich, aber wir arbeiten daran.

Zurzeit sind wir in Williams Lake am Cariboo Highway im Zentrum der kanadischen Forst- und Holzwirtschaft. Das Wetter macht immer noch schön mit, obwohl wir gestern doch etwas Regen hatten. Aber heute ist schon wieder ein "lovely day", nicht ganz sonnig, aber doch trocken und warm.

Es geht uns nach wie vor prächtig, das Leben im Motorhome haben wir nun völlig im Griff und erstaunlicherweise sind wir uns, trotz den engen Verhältnissen noch nicht wirklich in die Haare geraten, obwohl natürlich Grenzsituationen, vor allem mit den Kids, immer wieder vorkommen. Bis jetzt haben wir sie aber gut gemeistert, und sowohl Noah als auch Flavio machen ihre Sache besser als wir erwartet hätten. Kurz, wir geniessen es auch nach gut 4 Wochen in vollen Zügen und freuen uns, auf was noch kommen wird. Wir sind sicher, es wird einiges sein.

Hoffen, ihr seid auch alle wohlauf, freuen uns auf weitere Kommentare und hoffen, uns bald wieder melden zu können, mit Bilder!

Für die, die mögen, nachfolgend weitere Detailberichte unserer Reise.

Hugs and kisses to all of you!

Flavio, Noah, Beatrice and Omar


22. Tag
Samstag, 6. Juni 2009

Gut gelaunt bei wieder einmal herrlichem Sommerwetter und erwarteten 24 Grad (keine Angst, es wird uns deswegen nicht langweilig!) aufstehen, die übliche, etwas länger dauernde Prozedur bis die Kinder fertig sind und gefrühstückt wurde (weshalb wollen sie nur immer möglichst schnell zum RV aus, wenns ums Anziehen geht, hält dann jede Verzögerungsausrede hin?), und dann ab auf die Piste. Schliesslich wartet der Salmon Glacier, der fünftgrösste Gletscher der Welt. Für Omar eines der grössten Highlights der Reise.

Wir fahren wieder durch Stewart und gleich danach kommt die Grenze zu den USA: wie betreten (befahren) Alaska! Keine Zollkontrollen. Hyder ist noch ausgestorbener als Stewart. Das kleine Dorf (nur 70 Einwohner) wartet noch auf die Saisoneröffnung im Juli. Bis dahin ist eigentlich alles zu, bis auf zwei, drei Souvernir und Trödelläden, sowie ein Motel. Die Strasse durch Hyder ist nicht geteert, das wussten wir. Was folgen würde aber nicht!

Wir fahren langsam auf der geschotterten Strasse weiter, „bewaffnet“ mit dem Plan zur „Self Guided Auto Tour to the Salmon Glacier“. Die Strasse bleibt ungeteert, was nichts Gutes verheisst. Gemäss dem Plan ist die Strecke ab Punkt 8 von 14 und 12 Kilometern vor dem Gletscher für grosse RV ohnehin nicht empfehlenswert, aber dieses Risiko wäre es uns noch Wert in Kauf genommen zu werden. Eine 37 Kilometer Strecke, bergauf und auf geschotterter Strasse können wir unserem „Liebling“ aber beim besten Willen nicht zumuten. Was für eine Enttäuschung, wir müssen unverrichteter Dinge umkehren. Nichtmal bis zum Fish Creek dringen wir vor (es hat ja ohnehin noch keine Lachse im Fluss und somit keine Grizzlies zu beobachten). Betretene Stille, vor allem von Seiten Omars, und auch Flavio, der sich sehr auf den Gletscher gefreut hatte, versteht die Welt nicht mehr. Der erste richtige Dämpfer! (PS: Im Übrigen hatte es wohl so kommen müssen: Am Zoll erfahren wir vom freundlichen kanadischen Beamten, dass auf den letzten 7 Kilometern zum Gletscher noch reichlich Schnee auf der Strasse liegt! Bei den Temperaturen hier unten vergisst man solche möglichen Umstände halt rasch einmal.)

Vor der Grenze zu Kanada kaufen wir uns in Hyder noch ein paar Fudges um uns aufzumuntern. Dann entscheiden wir uns dafür, die lange Fahrt zurück zum Yellohead Highway in Angriff zu nehmen. Stewart und Hyder sind zwar schmuck und hübsch, aber erkundet haben wir sie eigentlich bereits.

Dann doch noch ein paar Highlights auf dem uns bereits bekannten Highway 37A, diesmal in umgekehrter Richtung: Bär nur 7 und 8 (letzterer der erste, der vor uns die Strasse überquert) bringen wieder bessere Stimmung. Danach geht’s nochmals am wirklich sehr beeindruckenden Bear Glacier vorbei, und von dieser Seite her schenkt uns die Fahrt den Blick auf mindestens fünf weitere, etwas entferntere Gletscher, von den 70, die es in der Gegend geben soll.




Ab Meziadin Junction bis nach Kitwanga verläuft die Fahrt dann ruhig. 237 Kilometer sind bis dahin unter die Räder gekommen. Während die Kinder schlafen sehen sich Bea und Omar in Kitwanga die von Indianern errichtete christliche Kirche sowie die dort stehenden 12 Original-Totempfäle an. Alles bei brühtender Hitze: wir messen über 30 Grad!

Trotz der bereits langen Fahrzeit wollen wir noch etwas weiter, bis nach Hazelton bzw. New Hazelton. Eine gute halbe Stunde später erreichen wir endlich unser heutiges Ziel und beziehen Quartier im Ksan Campground, welches von Gitksan Indianern geführt wird. Dabei führt die Stasse über eine beeindruckende Hängebrücke über den Bulkley River. 100 Meter tief ist der Abgrund, und die reissenden Wassermassen sorgen für leichte Hühnerhaut. Vorallem auch deshalb, weil die Brücke beim Befahren doch ziemlich ins Vibrieren kommt!

(Foto)

Das Wetter würde zwar ein weiteres Nachtessen im Freien nahelegen. Die agressiven Moskitos aber nicht! Bea zählt am Abend 30 Stiche ... nur am Rechten Bein vom Knie abwärts!

23. Tag
Sonntag, 7. Juni 2009

Heute lassen wir uns sehr viel Zeit zum Aufstehen und Bereitmachen. Danach ziehen wir zu Fuss los. Wir möchten das historische Städtchen von Hazelton erkunden. Es ist weitestgehend so erhalten, wie zu den Pionierszeiten. Man fühlt sich ein wenig wie in einem alten Western Film. Die Häuser, die Anordnung der Strasse, das ganze Feeling drum herum. Am besten passt an diesem erneut heissen Sonntagmorgen gegen 11:00 Uhr wohl „Spiel mir das Lied vom Tod“. Die Strassen sind menschenleer und ausser einem „Liquor Store“ (wie bezeichnend) hat alles zu. Wir erkundigen uns und erfahren, dass um 12:00 Uhr auch das Cafe noch aufmachen wird. Ansonsten sei aber während der low season alles geschlossen. Schade, ein paar prägende Eindrücke können wir aber trotzdem mitnehmen. Nebst den anfangs beschriebenen, sicher auch denjenigen des reissenden Skeena River, der auch hier bald zu überlaufen droht. Immer wieder schwimmen ganze Baumstämme an uns vorbei, und die Strömung hat eine solche Geschwindigkeit, dass ans Schwimmen gar nicht zu denken ist.

Schliesslich wurde am Ufer des Skeena Rivers ein alter Raddampfer rekunstruiert, der denjenigen entspricht, die den Fluss vom Pazifik her bis nach Hazelton hochschwammen. Es steht zwar nicht im Wasser und ist als hübsches kleines Restaurant mit unter anderem leckeren Pizzas ausgestalltet. Mit Blick vom Fenster direkt auf den reissenden Fluss hat man dennoch das Gefühl unterwegs zu sein.

New Hazelton ist nicht besonders erwähnenswert, ausser dass es, wie das ursprüngliche Pioniersstädtchen an dem Ort steht, wo zwei grosse Flüsse ineinander fliessen: Der Bulkley River mündet hier in den Skeena River, der dann bis in den Pazifik fliessen wird. Zurzeit kommen hier also enorme Wassermengen vorbei.

Und am Nachmittag ist Rodeo Time! Wir mischen uns im Kispiox Valley (das Kispiox Village ist paradoxerweise ein Indianer Dorf) unter die Cowboys und erleben einen unvergesslichen Nachmittag. Die Stimmung ist herrlich, und wir geniessen jede Minute. Die einzelnen Wettbewerbe (neben den bekannten Bull-Riding und Reiten auf ungezähmten Pferden noch einiges mehr: Kälber einfangen, mit und ohne Lasso; Fässerrennen, Slalomrennen, beides natürlich per Ross etc; Bea und Omar waren ja dank der Super-Serie „Wildfire“ schon etwas vorbereitet), aber auch das Ganze Drum und Dran. Die Tribüne ist in der auch heute brütenden Sonne prall gefüllt (zum Glück können wir uns 4 Schattenplätze ergattern) und der Speaker verdient sich während der 5 Stunden vollen Einsatzes die Bestnote! Das muss man einmal erlebt haben. Cowboys and Rodeo, what an amazing afternoon! Und überall spürt man die kanadische Offen- und Freundlichkeit (wir werden spontan von einer Familie, die etwas weiter im Süden eine Ranch hat, in ein Gespräch verwikelt und zum Schluss, dazu eingeladen, doch bei ihnen vorbeizuschauen!). Kulinarisch werden wir auch verwöhnt mit herrlichen BBQ Beef Sandwiches.

(Foto)

Müde aber sicherlich zufrieden und mit einem weiteren unvergesslichen Abenteuer im Sack kehren wir am Abend ins Ksan Campground zurück, wo Bea wiedermal fast aus dem Nichts eines ihrer leckeren Menüs herzaubert.

24. Tag
Montag, 8. Juni 2009

Gestern die Cowboys heute die Indianer. Wir besuchen das rekonstruierte Indianer Dorf Ksan der Gitksan Indianer. Das besondere an diesem Stamm war, dass sie nicht in Tipis lebten und als Nomaden umherzogen sondern sich in dieser Gegend sesshaft niederliessen.

Die ganze Ausstellung ist etwas enttäuschend, denn man kann, wenn man keine geführte Tour macht (und mit den Kindern ist letzteres alles andere als ideal) keines der hier aufgestellten fünf hölzernen, typischen Langhäuser betreten. Dennoch geniessen wir den Spaziergang im kleinen Dorf, wobei wir immer wieder zur Freude von Noah und Flavio von herumhüpfenden Wildhasen begleitet werden. Auch sind die Totempfähle spannende Objekte, die man auf sich wirken lassen kann.

Nach dem Besuch der Indianer, der kürzer ausfiel als erwartet, und einem zweiten kurzen Besuch des historischen Pionierstädtchens, verlassen wir Hazelton wieder auf dem Yellowhead Highway. Bereits ab Kitwanga hatte sich die Landschaft verändert und vereinzelt Blick auf Bauernbetriebe gewärt. Wir hatten die ersten kanadischen Kühe gesehen. Diese Tendenz wird nun auf den folgenden Kilometern bestärkt. Der Wald musste vermehrt den Ranches und ihrem Nutzland Platz machen. Er ist zwar noch reichlich im Hinterland vorhanden, aber doch weit zurückgestutzt worden. Kühe, Pferde und Felder prägen nun das Bild mit.

Die vielen grösseren und kleineren Seen und Flüsse sind ein Paradies für Fischer. Weiterhin werden wir von einem aufgrund des vielen Schmelzwassers reissenden und randvollen Fluss begleitet. Jetzt ist es allerdings nicht mehr der Skeena River sondern der Bulkley River.

Bei Moricetown machen wir ganz kurz Halt, um die schmale Stelle des Bulkley River zu sehen, wo Indianer noch heute mit ganz speziellen Hacken Lachs fischen. Auch hier ist der Fluss aufgrund des Schmelzwassers reissend, und durch die Felsen noch beeindruckender anzusehen. Lachse hat es aber noch keine und demnach auch keine Fischer.

Kurz vor dem etwas grösseren Städtchen Smithers dürfen wir einen Blick auf den Gulch Gletscher und die Twin Fall (Wasserfälle) werfen, leider wieder nur aus der Distanz. Der Aufstieg zu den Fällen wäre für Flavio und Noah wohl zu einer zu grossen Herausforderung geworden. Dennoch, wir können auch dieses Naturschauspiel geniessen: Das Canyon, die beiden fast symetrischen Fälle und darüber der Gletscher, umarmt von imposanten Felswänden!

(Foto)

Wir schaffen es noch bis nach Houston. Um uns herum, und kurz vor unserer Ankunft auch in Houston, gehen Gewitterregen runter. Wir bleiben aber nach wie vor trocken, und bis wir aussteigen lacht schonwieder die Sonne. Immerhin dürfen wir den 24. regenfreien Tag zählen, und die Wolken waren uns in den letzten 7 Tagen auch komplett fremd gewesen! Was für ein Wetterglück bis jetzt.

Das Shady Rest Campground ist sehr hübsch und super gepflegt. Weniger Mosiktos als auch schon heute Abend, was ein Feuer und Grillieren zulässt. Gegessen wird dann allerdings doch besser drinnen. Während des Grillens kommen wir mit zwei sehr freundlichen Fischern (einer aus Minesota, USA, der andere aus der kanadischen Prärie) ins Gespräch, die auf dem Weg nach Alaska und dem Lachsfang sind. Zwei gesellige Kumpels, die auch ihren Beitrag zum gemütlichen Abend leisten.

25. Tag
Dienstag, 9. Juni 2009

Wir haben uns entschlossen: Wir nehmen die spontane Einladung von Ian und Annie, die wir am Rodeo kennengelernt haben, an und fahren etwas südwärts, an den Ootsa Lake. Wann sonst werden wir die Möglichkeit haben auf einer Ranch zu sein und das Leben eines echten Cowboys bzw. eines Cowgirls mitzuerleben? Die Wegbeschreibung, die wir haben, ist zwar etwas dürftig. Immerhin haben wir aber ihre Telefonnummer.

Von Houston bis Burns Lake ändert sich an der Landschaft nicht viel: Grössere und kleiner Ranchs wechseln sich ab, und dazwischen immer wieder auch grössere Waldabschnitte. Kurz vor Burns Lake werden wir daran erinnert, dass auch hier, trotz der Landwirtschaft (v.a. Viehzucht: Kühe und Pferde praktisch auf jeder der sehr weitläufigen Weiden, und immer wieder vereinzelt auch Lamas), doch auch Forstwirtschaft, sprich Holzindustrie, wie ein Einkommen sorgt: wir fahren an einer grossen Segerei vorbei. Und wenn man das Auge etwas weiter hinter den Highway schweifen lässt, so sieht man immer wieder grosse Rodungsgebiete. Ja, der so wichtige Wald hat einen schweren stand. Hoffen wir, dass zwischen wirtschaftlichen Interessen (Einnahmequelle) und Naturschutz eine ausgewogene Lösung gefunden werden kann, und zwar bald.

Burns Lake ist ein nettes, etwas grösseres Städtchen mit einem sehr schönen Strand am gleichnamigen kleinen See. Hier verweilen wir ein paar Stunden, geniessen die herrliche Sonne und die Wärme, die auch heute unsere Begleiter sind, bevor wir uns über den Highway 35 nach Süden bewegen.

Bei Francois Lake müssen wir auf die kleine Fähre, um den gleichnamigen See zu überqueren. Da sie als Teil des Highway angesehen wird (dies ist die einzige, offizielle Strassenverbindung), ist die Fähre gratis!

Ranch, Wald, Ranch: am Landschaftsbild verändert sich auch auf der Südseite des Seees nicht viel. Eine längere Steigung, eine Kurve und schon steht Bär Nummer 9 am Strassenrand. Ein sehr scheues Exemplar. Dafür sicher der hübscheste und grösste von all jenen, denen wir bisher begegnet sind!

(Foto)

Kurz vor dem Ort „Ootsa Lake“ gelangen wir tatsächlich auf die Abzweigung nach East Ootsa Lake, wie von Ian erklärt worden war. Die Strasse ist nicht geteert, für eine Schotterstrasse aber doch eher gut gepflegt. Wir fahren ein paar hundert Meter und stossen auf eine erste Ranch. Wir fahren hoch, stellen aber fest, dass es noch nicht diejenige unserer Bekannten ist. Wir fragen den Hausherrn, ob wir dann auch auf dem richtigen Weg seien. Jaja, antwortet jener: „Ian lives 41 kilometers east from here. Just follow the road!“

41 Kilometer! Kurze Besprechung, aber schon bald wird entschieden: Schotter hin oder her, wir fahren hin. Ab geht’s in die Rally! Vorsichtig, um Pannen zu vermeiden, „fressen“ wir und unser „Liebling“ der RV Kilometer um Kilometer. Manchmal ist die Strasse besser, manchmal schlechter, aber wir kommen gut voran. Nach ca. 10 Kilometern kommen uns doch Zweifel: Wir sollten sie kurz anrufen. Natel raus, aber ihr denkt es euch wohl schon: no service available! Jemand steht uns aber bei: Einige hundert Meter weiter steht das Haus einer Gesellschaft, die hier, mitten im Wald, irgend einer Tätigkeit nachgeht (wir konnten nicht herausfinden was), und dort stehen doch tatsächlich drei öffentliche Telefone. Am einen wurde folgender vielsagender Satz hingekritzelt: „Where the fxxx are we here?“.

Jedenfalls erhalten wir die Bestätigung: Die „Double Box Ranch“ steht bei Kilometer 41 der Schotterstrasse. Also weiter geht’s. Nach knapp einer Stunde haben wir es geschaft, und Leute, es war jeden cm Wert! Traumhaft, wunderbar, einmalig! Stellt euch mal vor, eine kleine Ranch, nächster Nachbar links 41 Kilometer entfernt, nächste Ortschaft rechts 2,5 Autostunden auf nicht unterhaltener Schotterstrasse! Diese Ruhe, dieser Frieden. Wir sind keine Schriftsteller und finden wirklich keine Worte um die Stimmung passend zu umschreiben, aber es war ein einmaliges und sehr gutes Gefühl.

Die Ranch liegt an einer prächtigen Bucht des Ootsa Lakes, am Hügel, mit herrlicher Sicht auf den See. Ausser Ian und Annie, ihren 4 Hunden, ein paar Pferde und vor allem die 600 Kühe, Kälber und Rinder, wohnt hier niemand.

(Foto)

Ian ist leider geschäftlich abwesend, aber Annie empfängt uns wie alte Freunde. Dabei kennen wir uns kaum, haben eine knappe Stunde am Rodeo geplaudert, mehr nicht. Klar, dass wir zum Nachtessen bei ihr bleiben, klar, dass wir solange auf dem Gelände sein dürfen, wie es uns gefällt, und klar auch, dass wir das kleine, sehr hübsche Gästehaus benutzen dürfen. Das nennt man offene Gastfreundschaft! Fantastisch!

Geschlafen wird zwar im RV. Die Möglichkeit aber, mit etwas mehr Platz zu frühstücken und duschen lassen wir uns nicht entgehen.

PS: Übrigens sind wir dem nächsten Gewitter wieder einmal elegant ausgewiechen. Nur ein paar Regentropfen haben uns erwischt.

26. Tag
Mittwoch, 10. Juni 2009

Nach dem Frühstück dürfen die Kinder mit auf den Traktor und mit Annie nach den Kühen schauen. Sie lassen sich natürlich nicht zweimal bitten. Danach gehen wir hinunter an den See. Diese Ruhe, unglaublich. Wald ringsherum, man hört wirklich nichts, ausser dem Getzwitscher einiger Vögel, dem leichten rauschen der sehr kleinen Wellen (der See ist heute Morgen eigentlich spiegelglatt, es geht kaum ein Wind, die Sonne scheint, obwohl es ein paar Wolken am Himmel hat, und die Temperatur ist mehr als nur angenehm) und dem Gegacker der Wildgänse, die auf dem See schwimmen bzw. in der Luft in perfekter Formation ihre Runden drehen. Schön wie es tönt, wenn sie alle zusammen ins Wasser landen. Und was für ein wunderbares Echo.

Selbst die Kinder sind faszziniert von dieser unberührten Natur: wie sonst soll man es sich erklären, dass unsere Jungs, die sonst kaum still sitzen, während ein paar Augenblicken auch nichts sagen und einfach auf den See schauen?

(Foto)

Zwei Stunden vergehen wir im Fluge, obwohl wir eigentlich nur da sitzen, reden und Steine und Äste in den See werfen. Danach wird entschieden: Baden im See! Das Wasser ist echt frisch, aber wir schaffen alle den Gang rein bis zum Hals (Flavio taucht sogar den Kopf noch unter). Herrlich erfrischend, und so alleine. Ob wir ein solches Bad je wieder erleben werden dürfen? Dann ziehen gefährliche Gewitterwolken auf und wir ziehen uns zurück ins Gästehäuschen. Der grosse Regen bleibt allerdings wieder einmal aus. Lediglich am Abend fallen ein paar wenige Tropfen, kurz bevor wir zu Bett gehen.

(Foto)

Und dann kommt Aktion auf, in der unberührten Stille. Plötzlich sehen wir Kühe und ihre Kälber, die auf einer Weide weiter oben grasten, im rasanten Tempo durch den Wald auf die Weide vor dem Gästehaus rennen. Es herrscht grosse Aufregung, lautes Gemuhe, Gruppenbildung. Was ist wohl los, fragen wir uns. Immer mehr Kühe und ihre Kleinen versammeln sich hier unten. Und dann kommt des Rätsels Lösung. Ein grosser Schwarzbär taucht ebenfalls rennend aus dem Wald auf! Bär Nummer 10 geht allerdings nicht auf die Kühe los (Annie erklärt uns später, dass dies bisher noch nie vorgekommen sei und sie auch daran zweifle, dass ein Bär es auf ein Kalb absehen würde), sondern zottelt ziemlich bald ab. Wahrscheinlich haben die Kühe vor ihm und er vor ihnen Angst gehabt. Wow, was für ein Erlebnis!

Ein sehr gemütliches und schmackhaftes Nachtessen mit Annie (sie serviert uns einen Braten aus eigenem Rind, wobei diese nach strengen Kriterien möglichst naturnah und mit wenig fremdbetreuung aufgezogen werden. Ernährt werden sie ausschliesslich mit Gras und Heu. Die Ranch am sogenannten „grass programme“ teil) rundet diesen perfekten Tag ab. Und Bea darf sogar mit Flavio eine Runde auf dem Quod rumfahren. Wow, macht das Spass! Obwohl Flavio danach meinte, Mami sei zu langsam gefahren.

PS: Die Kinder waren wirklich hin und weg, vor allem auch dank den vier Hunden. Zwei von ihnen, Ranger und Toto, dürften froh sein, dass wir wieder gegangen sind.

27. Tag
Donnerstag, 11. Juni 2009

Wir ziehen die Vorhänge des RV und unser guter Freund die Sonne scheint auch heute Morgen rein und wünscht uns einen guten Tag. Wieder werden wir über 25 Grad messen.

Die Kinder dürfen auch heute mit Annie nach den Kühen sehen, diesmal mit dem Quod.

(Foto)

Danach müssen wir schweren Herzens diesen prächtigen Ort der Stille, der Ruhe, der Ausgeglichenheit und der Entspannung leider wieder verlassen. Die 41 Rally Kilometer auf der Schotterstrasse übersteht unser „Liebling“ brilliant und er bringt uns alle (ihn eingeschlossen) wohlbehalten zurück auf den Highway 35. Dies allerdings nicht ohne weitere Abenteuer.

Bär Nummer 11 und 12 beglücken uns: Wiedermal eine Mama mit ihrem wirklich noch sehr Kleinen. Sie sind zwar rasch weg von der Strasse, bleiben aber dann im Wald in Sichtweite stehen und erlauben uns, sie weiter vom Auto aus zu beobachten.

(Foto)

Und in einer der vielen kleinen Buchten des riesigen Ootsa Lake sehen wir tatsächlich, wie von Annie angetönt, einen Biber. Zwar eher aus der Ferne und er taucht bald ab, aber immerhin. Und es reicht sogar für eine besondere Nummer: Bevor er definitif abtaucht lässt er mit seinem Schwanz das Wasser so richtig spritzen. Es klatsch enorm lauf auf dem Wasser.

Fähre zurück über den Francois Lake, nochmals Stopp am Ufer des Burns Lake, um die Sonne zu geniessen, und dann am späteren Nachmittag noch ein Stück weiter ostwärts, bis kurz vor Fort Fraser.

Der Campground, den wir ansteuern, dient zwar nur als Übergangsstation und soll die Reisezeit von Morgen möglichst kurz halten. Trotzdem hatten wir schon ein um einiges glücklicheres Händchen: Gleich am Yellowhead Highway und unten noch die Eisenbahn! Nach der idyllischen Stille der Double Box Ranch ist das etwas viel Lärm auf einmal!

Übrigens, auch das heutige Gewitter findet ohne uns statt. Wir verlassen Burns Lake bei Sonnenschein und erreichen das Campground nachdem der grosse Regen vorbei und die Sonne wieder erschienen ist. Petrus meint es auch nach vier Wochen immer noch sehr gut mit uns!

28. Tag
Freitag, 12. Juni 2009

Ausser dass der Verkehr zunimmt (wir nähern uns schliesslich Prince George und bis jetzt haben wir vielleicht im Schnitt 10 andere Verkehrsteilnehmer pro Stunde angetroffen, also, alles ist relatif), ändert sich heute Morgen auf dem Yellowhead Highway landschaftlich nicht viel. Ranches mit sehr grossen Weideflächen und immer stärker ist wieder die Forstwirtschaft spürbar. Kurz vor Vanderhoof biegen wir nach Norden ab. Wir wollen heute Fort St. James besuchen. Das hier vor allem Forstwirtschaft betrieben wird, fällt einem sofort ins Auge: grosse Rodungsflächen und Tafeln wie die folgenden, oder so ähnlich: „Intensive Forestry Industry Project“; „Trees for Tomorrow, Forestry Project“.

Die Anlage liegt am Stuart Lake und war im 19. Jahrhundert Mittelpunkt des Pelzhandels sowie erste Hauptstadt Neukaledoniens. Das Fort wird in seiner Form von 1896 dargestellt und in den verschiedenen Häusern stehen sympathische und aufgestellte junge Leute in der damaligen Kleidung bereit, um den Besuchern jede Frage zu beantworten, die aufkommen könnte. Eine sehr gute Idee. Auch den Kindern macht es Spass im Lagerhaus die verschiedenen Pelze zu streicheln und herauszufinden, was für ein Tier es einmal getragen hat. Im Handelshaus wird munter um den bestmöglichen Preis für zwei Felle gefeilscht (einmal schauen 2 das andere Mal 3 Bonbons raus!) und im Haus des Chefs können Hühner gefüttert und Cookies gekostet werden. Schliesslich lädt der Gerber zur Jagd ein! Mit einem Pfeil kann auf ein imaginäres Tier geschossen werden, danach erhält man einen weiteren Pelz und man kann wieder Feilschen gehen. Wirklich gut eingerichtet und interessant. Und wenn das Wetter dann noch stimmt, so wie bei uns, Sonne und 25 Grad, die Leute sich sehr im Masse halten (sind offenbar gerade nach dem morgentlichen Ansturm angekommen), dann wird der Besuch von Fort St. James wirklich zum Erlebnis. Bemerkenswert vielleicht eine Information: Die Güter, die gegen die Felle eingetauscht wurden, kamen meist aus England und benötigten für ihre Reise zwischen 8 und 12 Monate!


(Fotos)

Den Abend verbringen wir wieder einmal in einem wunderbar am Stuart Lake gelegenen Provincial Park (Paarens Beach), wobei unser Platz sehr idyllisch direkt am See liegt. Ein herrliches Feuer, lange Kleider und Spray, um den nach wie vor zahlreichen Moskitos zu trotzen, wunderbares Rindsfleisch und der romantische Sonnenuntergang. Herz, was begehrst du mehr?

29. Tag
Samstag, 13. Juni 2009

Heute ein sogennanter Übergangstag, der aber sehr angenehm verläuft. Wir kehren zurück zum Yellowhead Highway und fahren bei Vanderhoof an einer immensen Sägerei vorbei. Baumstämme liegen gestapelt wie riesige Zündholzer, einige dutzend Meter weiter stehen hohe Bretterbeigen und schliesslich sind die Berge Sägemehl nicht zu übersehen.

Eine gute Fahrstunde später treffen wir in Prince George ein, gefühlsmässig nach Vancouver die zweitgrösste Stadt, die wir bisher besucht haben. Auch diese Stadt liegt am Zusammenfluss zweier Flüsse: der Nechako River fliesst hier in den Fraser River, der danach ja seinen langen Weg Richtung Vancouver und Pazifik einschlägt. Er wird uns in den nächsten Tagen begleiten und am Schluss unserer Reise werden wir ihn wieder antreffen.

Forts- und Holzindustrie sind auch hier die wichtigsten Einnahmequellen. Treu unserem Motto, vor allem Natur und viel frische Luft geniessen und erleben zu wollen, ist keine ausgiebige Besichtigung und Erkundung der Stadt geplant. Es zieht uns in den riesigen Stadtpark und die Kinder vor allem auf dem sehr schön gelegenen und grossen Spielplatz. Hier verbringen wir den Nachmittag in entspannter Stimmung.

Denn Abend schliesslich verbringen wir im Bee Lazee Campground, der bereits auf dem Highway Richtung Süden und Williams Lake liegt. Sehr gepflegt (exzellente Duschräume), eigener Pool, wo wir uns einen kurzen Sprung ins Wasser gönnen (ja, auch heute hat uns nur die Sonne und das warme Wetter begleitet!) und sehr nette Nachbarn, ein älteres Ehepaar aus Kalifornien, wie gleich erläutert wird.

Aufgrund des anhaltenden schönen, warmen und trockenen Wetters erlaubt das Campground keine offenen Feuer. Was machen wir nun mit unserem Fleisch? Zum Glück herrscht hier in Kanada die für uns fast schon unerklärliche Sitte, dass man zwar ein Feuer macht, das Fleisch dann aber auf den separat mitgebrachten (Gas)Grill anrichtet. So gehen auch unsere Nachbarn vor. Selbstverständlich dürfen wir unser Fleisch auf ihren Grill platzieren, gar keine Frage: „Be our guests!“ „Thank you very much“, sagt Flavio. So können wir auch heute ungetrübten Grillplausch geniessen. Wenn da doch nur nicht die ewigen Mücken wären. Zurzeit ist Noah der am meisten geplagte: ca. 30 Stiche vom Hals aufwärts!

... link (1 Kommentar)   ... comment